„Das Fest des Evangelisten Lukas entfällt in diesem Jahr“, so nüchtern steht es im liturgischen Kalender für dieses Jahr. Da der Sonntag als Christustag in höherem Rang steht als ein Heiligenfest, entfällt dies, wenn es auf einen Sonntag fällt, wie eben in diesem Jahr, am 18. Oktober. Das bedeutet aber nicht, dass an Lukas nun nicht erinnert werden darf. Ich möchte dies auf eine für mich persönliche Weise tun, u. a. mit zwei Bildern, die mir diesen Evangelisten auf ihre Weise näher gebracht haben.
In der Abtei Goleto (südöstlich von Avellino in Irpinien), in der heute die kleinen Brüder Charles de Foucauld leben, die Comunità Jesus Caritas, durfte ich über viele Jahre meinen Urlaub verbringen. In diesem Jahr der Pandemie war es freilich nicht möglich. Da bin ich mit meinen Freunden nur per Email verbunden. Die kleine gotische Kapelle trägt den Namen „Cappella di San Luca“, sie ist eine der Kostbarkeiten Irpiniens, dieser Mittelgebirgs -landschaft in der Campagna. In dieser nach dem Evangelisten Lukas benannten Kapelle durfte ich am Fest des Evangelisten schon einige Male den Gottesdienst mitfeiern.

An diesem Tag wird ein Reliquiar, das sonst im nahen Dom zu S. Angelo dei Lombardi aufbewahrt wird, ausgestellt, das die Hand des Evangelisten darstellt. Die Legende erzählt, als die Reliquien des Evangelisten im Mittelalter nach Padua verbracht wurden, hätten sie zuvor Station gemacht in der nahe Avellino gelegenen Abtei Montevergine – wie Goleto gegründet vom hl. Wilhelm von Vercelli im 12. Jahrhundert. Ein Teil, eben diese Handreliquie blieb beim Bischof in S. Angelo.
Wenn auch die Echtheit von Reliquien zu Recht oft umstritten ist, so ist deren symbolische Bedeutung doch nicht von der Hand zu weisen, weil sie Hinweis sind auf den, der verehrt wird, auf die Botschaft, die der Heilige uns mitteilt. Und da ist der Evangelist Lukas mit seinem Evangelium und seinem zweiten Buch, der Apostelgeschichte, sicher es wert, auch zeichenhaft in Erinnerung gerufen zu werden. So durfte ich mit dem Handreliquiar des Lukas auf dessen Fürsprache hin den Segen Gottes erbitten. Das Reliquiar wird am Fest des Evangelisten neben der Ikone aufgestellt, die den Evangelisten als Ikonenmaler darstellt. Denn eine weit verbreitete Tradition zeigt Lukas auch als Maler: vom Antlitz Christi und vor allem von der Madonna, er habe uns das schönste literarische Porträt von Jesus, der Madonna und vielen anderen Figuren gemalt. So ist etwa der wichtigste Wallfahrtsort oberhalb der Stadt Bologna einer solchen Ikone wegen Madonna di San Luca genannt.

Wie schon erwähnt, sind die Reliquien des heiligen Lukas im Mittelalter nach Padua gelangt, wo sie in der Basilika Santa Giustina – der dortigen Benediktinerabtei – in einem Marmorsarkophag im linken Querschiff ruhen. Zweimal durfte ich in der Abtei wohnen, konnte mit den Mönchen am Grab des Evangelisten das Stundengebet und die Eucharistie feiern.
Wenn wir also heute am 18. Oktober in unseren Gemeinden den 29. Sonntag im Jahreskreis feiern, dürfen dennoch auch das Tagesgebet zum Fest des Evangelisten Lukas beten. Damit möchte ich meinen Text schließen.
„Herr, unser Gott, du hast den Evangelisten Lukas auserwählt, in Wort und Schrift das Geheimnis deiner Liebe zu den Armen zu verkünden. Gib, dass alle, die sich Christen nennen, ein Herz und eine Seele sind, und lass alle Völker der Erde das Heil schauen, das du ihnen bereitet hast“.
Bernhard Auel