Dreifaltigkeit – Gott hält es mit uns

Tageslesungen
Spr 8,22-31 | Röm 5,1-5 | Joh 16,12-15

 „Wie hältst du’s mit der Religion?“ die berühmte Gretchenfrage in Goethes Faust. Wie halten wir es mit der Religion? Wie halten wir es in unserem persönlichen Leben und in unseren Familien, in unseren Gesprächen und in unseren täglichen Aufgaben mit der Religion?
In jedem Menschen steckt zutiefst das Bedürfnis und die Sehnsucht nach dem Ewigen, dem Verlässlichen, dem Transzendenten. Immer häufiger suchen sie nach einer Erfüllung außerhalb der Kirchen.
Ich fand für diese Situation ein schönes Bild: Es ist wie mit einer großen, alten Glocke, die nicht zu läuten aufhört. Aber je nach Lage der Witterung, nach der Windrichtung und je nach Lautstärke von anderen Tönen und Geräuschen ist ihr Klang einmal stärker und einmal schwächer und manchmal auch gar nicht hörbar.
Der alte Glockenton, der von Gott kündet, lässt heute gar nicht so wenige Menschen aufhorchen, und manche Herzen beginnen in seinem Klang zu vibrieren.

Überall gibt es sie: Menschen, welche die Berührung mit dem unsichtbaren Geheimnis suchen.

  • Sie gehen still in Kirchen und ersehnen einen Augenblick innerer Ruhe.
  • Sie gehen auf alten Pilgerwegen – etwa nach Santiago – und spüren dabei den Pfaden ihres Seelenlebens nach.
  • Sie suchen nach geistlichen Ratgebern und hoffen auf Wegführer zu treffen, die sie über ihren Alltag hinaus führen.

Viele Menschen empfinden im Vielerlei ihres Lebens einen ”Verlust von Einheit und Identität” und sind auf der ”Suche nach Halt und Mitte”.

Dabei halten sie sich die Menschen nicht an vorgegebene Muster – Sie entwerfen ihr Leben selbst. Dazu gehört nicht selten auch eine ”Patchwork-Religion“ aus ganz unterschiedlichen Elementen wie bei einem Flickenteppich zusammengefügt werden. Der religiöse Glaube, in welcher Weise auch immer, wird als eine ausschließlich private Angelegenheit betrachtet, und lässt sich nicht so einfach in kirchliche Strukturen einpassen.

Die Menschen leben heute in einer „Wüste der Möglichkeiten“ (Gertrud von Le Fort). Vieles zerrinnt ihnen zwischen den Fingern wie Treibsand. Wo sind die Oasen, wo sich ausruhen lässt? Wo sind die Orte, wo es eindeutig wird?

Auf welchen Gott treffen solche suchenden Menschen bei uns, welchen Gott haben wir ihnen zu verkündigen, welchen Gott bezeugen wir ihnen in unserem christlichen Leben?

Das heutige Fest sagt, dass für uns Gott nicht ein nebulöses Etwas ist, ein höheres Wesen nach dem Motto: „Irgendetwas wird es schon geben.“ Wir dürfen Gott als eine Wirklichkeit sehen, die ansprechbar ist und die selber zu uns spricht, als einen Gott, zu dem wir kommen können und der selber zu uns kommt. Es handelt sich um ein „Du“ und nicht um ein unpersönliches „Es“.

Die biblische und christliche Tradition unterstützt diese Überzeugung, indem sie von Gott nicht bloß in abstrakten Bildern spricht, sondern indem sie sich ihn auf manchmal höchst menschliche Weise vorgestellt hat: mit einem Gesicht, mit Augen und Ohren, mit einem Herzen und einer Stimme, sogar mit Emotionen, manchmal sicherlich auch mit etwas abstrusen Bildern wie dem alten Mann mit dem Bart – wie auf manchem Altarbild.

Solche Vorstellungen können die Wirklichkeit Gottes nie zur Gänze ausdrücken, aber ein Gott, der uns nahe sein will, bedarf solcher Bilder, damit wir diese Nähe, seine Gegenwart und Gemeinschaft mit uns erahnen können, mehr noch, dass sie begreiflich, handgreiflich wird.

Diese Gottesvorstellung leuchtet auf im Geheimnis der Dreifaltigkeit und in jedem Kreuzzeichen „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ wird sie uns förmlich auf den Leib geschrieben.

Gott ist als Vater der „Gott über uns“. Wir erkennen in ihm den Schöpfer von Welt und Menschen. Er ist ewig und unendlich nicht zuletzt in seiner Liebe.

Und Gott ist im Sohn der „Gott vor uns und neben uns“. Wir dürfen in ihm unseren Erlöser sehen, der uns vorangeht und zugleich mit uns geht. In ihm hat sich Gott tatsächlich ein menschliches Gesicht und eine menschliche Stimme gegeben.

Und Gott ist schließlich als Heiliger Geist der „Gott in uns“, der von innen her in uns wirkt und das Werk unserer Heiligung vollzieht, das heißt: uns mit göttlichem Leben und göttlicher Kraft und göttlicher Liebe erfüllt.

Dieser dreifaltige Gott ist „das Leben unseres Lebens“!

„Wie hältst du’s mit der Religion, wie hältst du’s mit Gott?“ – Als Christen können wir sagen: Gott hält es mit uns.
Das ist die Glocke, die wir in Schwingung halten müssen. Damit die, die auf der Suche sind, sie hören – und zu denen gehören auch wir.

(c) Wilfried Schumacher

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert