
Ich will jubeln und deiner Huld mich freuen; denn du hast mein Elend angesehn, du kanntest die Ängste meiner Seele. Du hast mich nicht preisgegeben der Hand meines Feindes, du stelltest meine Füße in weiten Raum..
Psalm 31, 8-9

Auf dem „Platz der Würde“ in Santiago de Chile hat die Künstlerin Staub eingesammelt und in das Laken gerieben. Genau dort ist der Mensch verletzt worden, dessen Fuß das Hungertuch zeigt. Es ist der Fuß eines Menschen, der bei Demonstrationen in Chile 2019 von der Militärpolizei verletzt worden ist. Die Menschen protestierten damals gegen soziale Ungleichheit. Der Staub ist also Erinnerung an die Gewalt, aber auch an den Mut dieser Menschen, die für ihre Rechte eingetreten sind. Der Stoff ist nicht makellos, graue Flecken überziehen ihn – schwerpunktmäßig unten links und rechts.
Placa Italia
umbenannt
Platz der Würde
Widerstand gegen das Regime
gewaltsam
zu Boden gegangen
in den Dreck
in den Straßenstaub
Staub aufgewirbelt
viel Staub
aufrichten
aufrecht
noch mehr Staub aufgewirbelt
Staub aufwirbeln
Würde zeigen
Menschenwürde
Spuren im Staub hinterlassen
für alle sichtbar
Steffi Spiegel, 2021
Hungertuch konkret: Mit den Füßen abstimmen, bedeutet bei uns fernbleiben. In diesem Hungertuch
bekommt dieses Bild eine weitere Dimension: Mit seinen Füßen abstimmen, präsent sein, für etwas einstehen, Staub aufwirbeln, staubige Spuren hinterlassen. Spuren, die verändern, die Rückschritte, Niederschläge in Kauf nehmen, immer wieder aufrichten und den nächsten Schritt wagen.
Wo möchte ich so richtig Staub aufwirbeln?
Wann stehe ich aufrecht im Staub, wenn ich niedergedrückt oder zurückgeworfen werde?
Wo möchte ich Spuren hinterlassen?
Heute, jetzt und hier?
(c) MISEREOR-Material zum Hungertuch