
Und siehe, eine Frau, die in der Stadt lebte, eine Sünderin, erfuhr, dass er im Haus des Pharisäers zu Tisch war; da kam sie mit einem Alabastergefäß voll wohlriechendem Öl und trat von hinten an ihn heran zu seinen Füßen. Dabei weinte sie und begann mit ihren Tränen seine Füße zu benetzen. Sie trocknete seine Füße mit den Haaren ihres Hauptes, küsste sie und salbte sie mit dem Öl.
Lk 7,37 – 38

Die gelbliche Verfärbung des Hungertuchs durch Leinöl und die Faltenwürfe des Stoffes zeigen die Spannung von Verletzung und heilender Fürsorge. – Leinöl wird aus Flachs gewonnen, der Lein-Pflanze, aus der man auch Stoffe webt. Leinöl hinterlässt auf dem Stoff gelblich-braune Flecken. Sie wirken wie Wundsekret, erinnern aber auch an Salben, die wir zur schnelleren Heilung auf Wunden auftragen.
In der Geschichte, die Lukas im 7.Kapitel überliefert, wird das Salböl der Frau zum Symbol der Sehnsucht nach ganzheitlicher Heilung: ihre Tränen zeigen ihr eigenes Verletzt-Sein an und doch gilt ihre Liebe und Zuneigung in Form der Fußsalbung dem, der doch schon der Christus, d.h. Gesalbte ist. Verdrehte Verhältnisse? Wer schon einmal Kranke gepflegt hat, wird wissen, dass sie mehr geben können, als wir ihnen tun. Salben und gesalbt werden entwickelt eine wechselseitige Dynamik, wird buchstäblich fließend in den Übergängen.
Hungertuch konkret: : Ich frage mich, was ich wissentlich anderen zugefügt habe; was ich billigend in Kauf genommen habe, was unversöhnlich geblieben ist, wo Heilung nötig ist.
Ich kann beten am Ende dieser Woche:
Nimm in deine Hände, barmherziger Gott
meinen fehlenden Blick für den Schmerz anderer.
Nimm in deine Hände, barmherziger Gott
meine Ignoranz gegenüber globalen Zusammenhängen.
Nimm in deine Hände, barmherziger Gott
meine Nachlässigkeit im Umgang mit den Ressourcen unseres Planeten.
Nimm in deine Hände, barmherziger Gott
meine fehlende Liebe zu mir selbst und allem, was mir geschenkt ist.
Nimm in deine Hände, barmherziger Gott
meine zu geringe Bereitschaft zu verzeihen.
Guter Gott, nimm alles, was falsch war, in deine barmherzigen Hände und erfülle uns neu mit dem Geist deiner Liebe durch Christus, unseren Herrn.
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