Weltmissionssonntag – Von der Kirche in der ganzen Welt wird zu sprechen sein. Jedoch: wenn wir von Kirche sprechen, ist die Perspektive, aus der wir uns äußern, sehr unterschiedlich. Im Blick auf die Gemeinde, in der wir leben und zum Gottesdienst gehen, ist die Kirche oft das Gotteshaus, in dem wir Eucharistie feiern oder zum stillen Gebet sind. Im Blick auf das Bistum, zu dem unsere Gemeinde gehört, sprechen wir z. B. bei uns von der Kirche im Erzbistum Köln, vom Volk Gottes in unserem Erzbistum. Bei den das ganze Land betreffenden Themen sprechen wir dann von der Kirche in Deutschland, u. a. vertreten durch die Bischofskonferenz oder das Zentralkomitee der Katholiken.
Eines der beherrschenden Themen ist dabei derzeit der so genannte Synodale Weg. Ökumenisch weiten wir den Blick und verstehen als Kirche nicht nur uns Katholiken, sondern auch die anderen Konfessionen, z. B. die evangelischen Landeskirchen und die Orthodoxen Kirchen, unterschieden oft nach verschiedenen Nationen.
Schauen wir über die Grenzen unseres Landes hinaus, schauen wir nach Rom und weiten unsere Aufmerksamkeit auf die Kirche in der ganzen Welt. Weltkirche sagen wir. Und auch dabei unterscheiden wir. Wenn wir über Rom sprechen, geht es um den Papst, der zufolge katholischer Lehre den Dienst der Einheit versieht. Schauen wir in die weite Welt, werden wir feststellen, dass nicht nur kulturelle Aspekte ganz verschiedene Ausdrucksweisen desselben Glaubens das kirchliche Leben dort prägen.
Da ist es verständlich, dass nicht von der Kirche in einem Land verbindlich für alle festgelegt werden kann, wie denn der Glaube zu leben ist. Es stimmt sicher die Feststellung, dass Europa schon lange nicht mehr prägend und bestimmend für die ganze Weltkirche sein kann.
Wenn wir dann von Weltmission sprechen, müssen wir jede Einseitigkeit vermeiden. Eher werden für mich drei Aspekte bedeutsam.
Da ist zuerst die Tatsache, dass wir alle gerufen sind, Zeugen des Glaubens zu sein. Menschen werden nur dann einen Weg zu Christus und seiner Kirche finden, wenn sie glaubwürdigen Zeugen begegnen. In Rom ist schon am vergangenen Sonntag der Weltmissionssonntag begangen worden. Papst Franziskus sagte beim Angelus dazu: „Heute begehen wir den Weltmissionssonntag, der unter dem Motto »Hier bin ich, sende mich! Weber der Brüderlichkeit« steht. Dieses Wort »Weber« ist schön: jeder Christ ist berufen, ein Weber der Brüderlichkeit zu sein. Die Missionare und Missionarinnen – Priester, Männer und Frauen des geweihten Lebens und Laien –, die das Evangelium auf dem großen Acker der Welt aussäen, sind dies auf besondere Art und Weise“.
Der zweite Aspekt klingt an, in dem, was der Papst in seiner neuen Enzyklika „Fratelli tutti – über die Geschwisterlichkeit und soziale Freundschaft“ schreibt „Wir brauchen ein Herz für die ganze Welt“ – so ist ein eigenes Kapitel über schrieben. Da heißt es: „Wenn die Überzeugung, dass wir als Menschen Brüder und Schwestern sind, keine abstrakte Idee bleiben, sondern konkret Wirklichkeit werden soll, dann stehen wir vor einer Reihe von Herausforderungen, die uns aufrütteln und uns zwingen, neue Perspektiven einzunehmen und neue Antworten zu entwickeln“. Diese Verbundenheit im Gebet und in der Solidarität hat darum zu Recht die Armen im Blick. Am diesjährigen Weltmissionssonntag blicken wir nach Westafrika. Die Region zählt zu den ärmsten der Erde. Die Kirche vor Ort steht in dieser Situation solidarisch an der Seite der Menschen. Sie spendet Trost und Hoffnung und leistet konkrete Hilfe. Mit unserer Spende unterstützen wir die Menschen dort.
In diesen Zeiten erleben wir – das ist der dritte Aspekt -, wie wichtig sozialer Frieden und Zusammenhalt sind. Das ist kurz und bündig im Motto des Weltmissionstages in unserem Land ausgedrückt: „Selig, die Frieden stiften – solidarisch für Frieden und Zusammenhalt“. Dies bringt auch der Papst in seiner neuen Enzyklika geradezu leidenschaftlich zum Ausdruck. Zuletzt hat er sich mit Vertretern aller großen Religionen am vergangenen Dienstag auf dem Kapitol in Rom getroffen. Dort haben sie einen eindringlichen Friedensappell an die Menschen gerichtet. Darin heißt es u. a.: „Heute, in dieser Zeit der Orientierungslosigkeit und getroffen von den Folgen der Covid-19- Pandemie, die den Frieden durch die Ausbreitung von Ungleichheit und Angst bedroht, sagen wir mit Nachdruck: Keiner kann sich allein retten, kein Volk, niemand! … Zu allen Glaubenden und zu den Frauen und Männern guten Willens sagen wir: Seien wir kreativ und werden wir zu Handwerkern des Friedens; bauen wir soziale Freundschaft auf!“

Hier noch einmal zurück an die zu Beginn beschriebenen Aussagen zum Wort „Kirche“. Im Credo, dem Glaubensbekenntnis der Kirche, heißt es „ich glaube die Kirche“. Da steht nicht „an die Kirche“. Das kleine Wort an steht nur bei Gott, dem Vater, beim Sohn Jesus Christus und beim Heiligen Geist. Gerne schließe ich mich dem an, was P. Reinhard Körner OCD schreibt: „Ich glaube in dieser Kirche“. Sie sei – so Körner – die Gemeinschaft, die um Jesus weiß und um seine Botschaft für alle Welt, „katholisch im wörtlichen Sinne: alle umfassend, die Christen sind, … zu welchem »Stil« das Christsein zu verstehen und zu leben auch immer sie zählen, alle umfassend, die mit Jesus und aus seiner Botschaft leben wollen und die wissen, wie die Kirche des Anfangs, dass ihr Glaube allen Menschen gehört“.
Gerne stelle ich daher an den Schluss das Gebet zum Weltmissionssonntag, das die Seligpreisung „Selig, die Frieden stiften“ aufgreift.
SELIG, die in Zeiten der Not zu ihrem Ursprung finden,
die im Kreuz den Baum des Lebens erkennen,
die Christus erfahren als Alpha und Omega.
Sie werden überwinden, was trennt.
SELIG, die in Zeiten der Not Solidarität leben,
die die Masken der Einsamkeit abstreifen,
die in Gemeinschaft über sich selbst hinauswachsen.
Sie werden die Welt erneuern.
SELIG, die in Zeiten der Not den Horizont offen halten,
die Türen der Hoffnung auftun,
die den Menschen Leben, Licht und Zuversicht bringen.
Sie werden Frieden stiften.
Bernhard Auel