„In der Kirche gibt es keine Ausländer“, pflegte Kardinal Höffner immer wieder zu sagen. Für ihn war das gemeinsame Band der Taufe eine stärkere Verbindung als das trennende der nationalen Zugehörigkeit.
Der Begriff Ausländer ist eigentlich ein Wort der Neuzeit, gebunden an den modernen Staatsbegriff, wie er sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts etabliert hat. Es bezeichnet den Menschen, der einem anderen Land, einem anderen Staat angehört.
Als die heilige Helena lebte, sprach man nicht vom Ausländer, sondern vom Fremden. Sie bewegte sich in einem großen Reich. Sie stammt aus Kleinasien, der heutigen Türkei, zieht nach Rom und auch nach Trier, und macht noch im hohen Alter eine Pilgerreise ins Heilige Land. – Was zeichnet sie bis heute aus?
1. Helena verbindet
Nicht nur ihre Lebensgeschichte verbindet den Orient mit Europa. Auch ihre Gebeine machen eine Reise von Rom nach Konstantinopel, von dort nach Hautevillers in der Champagne, nach Trier und auch nach Bonn.
Man könnte sie schon fast eine „europäische Heilige“ nennen, denn diese Stationen erzählen von der langen christlichen Tradition unseres Kontinents und von der gemeinsamen Geschichte der beiden großen Kirchen des Ostens und des Westens. Ihre Verehrung macht vor keiner Grenze halt. Sie verbindet vielmehr und ihre Verehrung bewahrt uns vor innerer Kleinstaaterei. „Ihr seid nicht mehr Fremde ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes,“ sagt Paulus im Epheserbrief – und damit meint er uns Christen in Ost und West, Nord und Süd.
2. Helena – eine besondere Frau
Oft meint man das Mittelalter sei die Domäne der Männer gewesen, in der die Frauen nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Aber gerade im 12. und 13. Jahrhundert, in jener Zeit also, in der die Reliquien der Heiligen nach Bonn und Trier gekommen sind, wächst der Frau in unserem Kulturraum eine immer bedeutendere Rolle zu.
Die sozial-kulturelle Bewegungen, wie etwa das Beginentum haben in dieser Zeit ihre Wurzeln. Hildegard von Bingen und Juliane von Lüttich sind große Frauen dieses Zeit. Die Weiblichkeit verleiht den Madonnenfiguren der Gotik ihre Eleganz.
Heinrich Lützeler hat einmal gesagt: „Helena ist eine Frau die alle Zumutungen des Lebens erlebt hat“ Er hat recht damit, denn ihre Lebensgeschichte kennt viele Höhen und Tiefen.
Als Tochter eines Gastwirts in Kleinasien geboren, zeugt sie mit einem römischen Offizier, der in ihrer Heimat stationiert war, einen Sohn: Konstantin. Als ihr Gefährte Konstantius die Gelegenheit hat, in die Kaiserfamilie einzuheiraten, verstößt er Helena, raubt ihr den Sohn und wird Schwiegersohn des Kaisers. Erst als ihr Sohn Konstantin Kaiser wird, rehabilitiert er die Mutter und holt sie kaiserlichen Palast.
Der Kirchenlehrer Ambrosius wird dazu später sagen: „Christus hat sie aus dem Kot zum Herrscherthrone emporgehoben.“
Helena wird zur Schwester aller Frauen, die Opfer geworden sind von Menschenhandel, Zwangsprostitution, Zwangsheirat und Gewalt. Allerdings keine diese Frauen hat einen mächtigen Sohn, der sie schließlich retten kann. Das Happyend von dem unehelichen Kind, das zum Kaiser aufsteigt – gibt es nicht in den Elendssiedlungen dieser Welt. (siehe auch „Solwodi“ – Solidarität mit Frauen in Not)
3.) Helena ist die Frau mit dem Kreuz
Auf fast allen Darstellungen der Heiligen Helena ist sie mit dem Kreuz zu sehen. Mal hält sie es einfach nur in den Armen, mal schaut sie es fast schon verliebt an wie auf der großen Bronzestatue im Bonner Münsters.
Die Legende erzählt, dass sie im Heiligen Land das Kreuz Jesu gefunden haben soll. Statt hier über die Echtheit zu streiten, was nur verlorene Liebesmüh ist, ist es besser auf Helena zu schauen, die uns anbetend verkündigt: denn durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst!
Helena zeigt uns das Kreuz, “ damit die Welt sehen kann, wie weit die Liebe des Gekreuzigten zu den Menschen, zu allen Menschen gegangen ist.“(Benedikt XVI.)
„Das eben ist der Fluch der bösen Tat, dass sie, fortzeugend, immer Böses muss gebären„, lesen wir in Schillers Wallenstein. Bosheit führt dort zur Bosheit. Die Botschaft des Kreuzes dagegen ist: Die Bosheit kann überwunden werden, wenn Liebe, bedingungslose Liebe dagegen gestellt wird.
Das Kreuz ist das Zeichen der Erlösung der Welt. Es kündet von einem Reich der Liebe, in dem a l l e Menschen Platz haben. Gott wollte nicht einige erlösen, er hat die Welt erlöst!
So erinnert uns die Gastwirtstochter aus Kleinasien durch Jahrhunderte hindurch bis auf den heutigen Tag an das zentrale Geheimnis unseres Glaubens ist.