Der Monat Oktober wird auch der Rosenkranzmonat genannt. Zugegeben: nicht alle können mit dieser Form des Gebets etwas anfangen. Einer der sicher großen geistlichen Persönlichkeiten, Kardinal Carlo Maria Martini (1927 – 2012) schreibt: „Ich erinnere mich, wie ich als Kind und dann als Jugendlicher den Rosenkranz betete; es war mir immer ein wenig langweilig, und es kamen mir viele andere Gedanken in den Sinn. Es war ein Gebet, das mir auferlegt wurde, das mir aber niemand erklärt hatte; darum tat ich mich schwer damit.“
Ich lade ein, sich dennoch darauf einzulassen. Der Rosenkranz ist ein biblisches Gebet. Im Zentrum des Rosenkranz-Gebetes mit seiner Wiederholung des „Ave Maria“ steht der Name „Jesus“. Jesus, Sohn Gottes, und Jesus, Sohn der Jungfrau. Mit diesen Namen werden in jedem Gesätz die heilsgeschichtlichen Ereignisse genannt. Die Geheimnisse und die hauptsächlichen Gebetsformeln sind aus dem Evangelium genommen. Der Rosenkranz vereinigt in sich die Tiefe der ganzen Frohen Botschaft, zu Recht wird er daher als „Kurzfassung des Evangeliums“ bezeichnet. Er ist ein biblisches Gebet und auf Christus hin ausgerichtet. Er ist ein Weg, die Bibel miteinander meditierend und betend zu erfassen. Wenn wir so diesem Gebet folgen, kommen wir ihm immer näher, beginnen wir, in ihm zu leben. Schauen wir daher – gewissermaßen im Schnelldurchgang – auf die Geheimnisse des Rosenkranzes, entdecken wir so zugleich den Weg des Glaubens für uns.
Da ist zuerst der sogenannte freudenreiche Rosenkranz. Seine fünf Gesätze sprechen von der Menschwerdung und Kindheit Jesu. Sie sind von der Freude gekennzeichnet, wenn auch die beiden letzten Geheimnisse ahnen lassen, dass zu diesem Lebensweg das Leid gehört. Aber die Freude herrscht vor. Das wird hörbar bei der Verkündigung: „Sei gegrüßt, du Begnadete“, spricht der Engel Maria an. Bei der Begegnung Marias mit Elisabeth hüpft das Kind Johannes vor Freude in ihrem Schoß. Durch das Ja Mariens wird die Menschwerdung Gottes möglich. Der Plan des Vaters besteht darin, „alle in Christus zu vereinen“. Die freudenreichen Geheimnisse handeln vom tiefsten Grund christlicher Freude: Gott wird Mensch, damit der Mensch zu Gott kommen kann.
Papst Johannes Paul II hat dann 2002 den lichtreichen Rosenkranz hinzugefügt. Wenn wir von der Kindheit und dem Leben in Nazareth zum öffentlichen Leben Jesu übergehen, führt uns die Betrachtung zu jenen Geheimnissen, die in besonderer Weise „Geheimnis dieses Lichtes“ genannt werden können. Die fünf Gesätze umspannen die Zeit seines öffentlichen Wirkens von der Taufe im Jordan an bis zur Einsetzung der Eucharistie im Abendmahlssaal zu Jerusalem. Alle fünf Geheimnisse sprechen von der Offenbarung des Reiches Gottes, das mit seiner Person gekommen ist. Wir können den Weg Jesu durchs Heilige Land mitgehen. Wer schon einmal dort war, kommt mit den Geheimnissen an vertraute Orte: zum Jordan, wo Johannes taufte; nach Kana, wo Jesus Wasser in Wein verwandelte; nach Galiläa, wo er die Botschaft vom Reich Gottes verkündete; auf den Berg Tabor und schließlich nach Jerusalem in den Abendmahlssaal.
Der schmerzhafte Rosenkranz umfasst die Geschehnisse der letzten drei Tage im irdischen Leben Jesu, vom Abend des Donnerstag bis zur Osternacht. „Auch der schmerzhafte Rosenkranz offenbart die Liebe Gottes, aber an der Furchtbarkeit der Sünde“, schreibt in seiner Deutung Romano Guardini.Der hebräische Name für Jesus bedeutet: „Gott ist unser Heil“. Der Leidensweg Jesu ist sein Heilsweg. Jesus bleibt nicht im Tod, durch den Tod geht er ins Leben.
Davon beten wir im glorreichen Rosenkranz. Er spricht von der Herrlichkeit, die in der Auferstehung und Himmelfahrt Jesu aufleuchtet. Eine neue Schöpfung ist entstanden. In Christus sind wir neue Schöpfung. In der Sendung des Heiligen Geistes bleibt der Auferstandene in seiner Kirche und damit in der Welt. Der Heilige Geist ist die Gabe Gottes und die Liebe Gottes in Person. In den beiden letzten Geheimnissen leuchtet die Zukunft des Menschen auf, der Christus zu seinem Leben gemacht hat. Wir schauen auf Maria und entdecken die Zukunft des Menschen. Maria ist die wichtigste Lehrmeisterin der Christusbegegnungen, weil sie ihm ihr ganzes Leben zur Verfügung gestellt hat. Sie ist die erste Erlöste, die Gott ganz zu sich genommen hat. Gerade hier wird deutlich, was Papst Johannes Paul schrieb: „Den Rosenkranz beten ist tatsächlich nichts anderes, als mit Maria das Antlitz Christi zu betrachten“.
Wenige Jahre nach dem Krieg haben unsere Bischöfe hier in Deutschland fünf weitere Gesätze dem Rosenkranz hinzugefügt, die wir auch in unserem Gotteslob finden, die sogenannten trostreichen Geheimnisse. Im Warten auf die Wiederkunft Christi halten wir Ausschau und wissen Christus bei uns. Wir haben ihn angenommen als den Herrn unseres Lebens, wir leben in ihm. Der trostreiche Rosenkranz spricht in den ersten beiden Gesätzen von der Gegenwart des Herrn in unserer Welt und in der Kirche: Christus herrscht als König und lebt und wirkt in seiner Kirche. Die drei weiteren Gesätze lenken den Blick auf den wiederkommenden Herrn, auf das Gericht und auf die Vollendung der Welt. Es sind die „Letzten Dinge“, die wir in diesen Geheimnissen betrachten. Wir schauen in eine Zukunft, die schon begonnen hat.
Wie aber nun den Rosenkranz beten? Inzwischen gibt es gute geistliche Hinführungen; gerne empfehle ich dazu auch unser Gotteslob. Unter der Nr. 4 gibt es dort eine ausführliche Hinführung und praktische Erläuterung. Dazu möchte ich zwei Buchtitel nennen. Da ist zuerst ein kleines Buch von Romano Guardini, das der schon 1940 herausgegeben hat Der Rosenkranz unserer Lieben Frau. Es ist wieder neu aufgelegt als Topos-Taschenbuch Nr. 181*; dann nenne ich das Topos-Taschenbuch Nr. 732* von Heinrich Janssen, Perlen des Gebets – Der Rosenkranz – Hinführung und geistliche Deutung.
Ich selbst habe in den vergangenen Jahren immer wieder einen Zugang über Bilder genommen. Die hier vorgestellten Bilder seien als Beispiele benannt. Das Bild zum freudenreichen Rosenkranz habe ich im Kreuzgang der Abtei Lambach in Oberösterreich aufgenommen. Die Fenster sind wohl um 1900 entstanden. Für den lichtreichen Rosenkranz habe ich ein Bild aus der Rosenkranzbasilika in Pompeji ausgewählt. Dieser Ort war Papst Johannes Paul besonders lieb. Wer die berühmten Ausgrabungen in Pompeji besucht, sollte die Basilika nicht vergessen. Zu den schmerzhaften Geheimnissen habe ich ein Bild aus Nazareth genommen. Dort ist der Rosenkranz im Stil der Ikonen in der Kapelle des marianischen Zentrums der Gemeinschaft Chemin Neuf dargestellt. Das Bild zum glorreichen Rosenkranz sah ich im Wallfahrtsheiligtum Castelpetroso nahe Isernia (Molise). Das Bild zum trostreichen Rosenkranz hat der Euskirchener Künstler Michael Blum geschaffen, zusammen mit anderen für den Sitzungsraum der Rendantur in Euskirchen.
Bernhard Auel
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