Wenn das Brot, das wir teilen….- Fest der Hl. Elisabeth (19.November)

Tageslesungen

1 Joh 3,14-18 | Lk 6,27 – 38

Seid barmherzig, wie es auch Euer Vater ist! (Lk 6,35)

Grab der Hl. Elisabeth in Marburg

Die Welt ist unbarmherzig – es herrschen die Gesetzes des Marktes: Do ut des – Kaufen und Verkaufen, Arbeit und Lohn – und in der Wirtschaft müssen vor allem die  Aktionäre befriedigt werden. Leistung ist alles – wer nichts oder nichts mehr leisten kann, hat keine Chance mehr.

Unbarmherzig, erbarmunglos – da ist das Lebensbeispiel einer Frau aus dem Mittelalter, die wir heute feiern schon fast anachronistisch: Elisabeth von Thüringen, vor über 800 Jahren geboren, war die Frau des Landgrafen – Angehörige der Feudalaristrokratie, die sich dadurch von ihresgleichen unterscheidet, dass sie hinschaut und das Leid der Armen wahrnimmt. Sie stellt sich den sozialen Herausforderungen ihrer Zeit. Das Wachstum der Städte, die soziale Entwurzelung vieler  Menschen, Krankheiten, Hunger und Massenelend.

Elisabeth lebt mit den Armen und für die Armen. Das Brot, das zur Rose wird, als ihr Mann ihr bei einem Weg zu den Armen nachstellt – wird zum Symbol für ihre Haltung. Brot, das wir teilen, wird zur Rose, denn es ist mehr als eine Mischung aus Mehl, Sauerteig und Wasser. Auf einem Bauernhaus in Tirol ist die hl. Elisabeth abgebildet. In ihrer Schürze trägt sie Blumen, die sie
austeilend fallen lässt. Darunter steht „Wirf weg, damit du nicht verlierst“. Barmherzigkeit ist auch radikal – vielleicht weil sie göttlich ist.

The quality of mercy is not strain’d” – heißt es in Shakespeare’s “Der Kaufmann von Venedig” (IV.Aufzug). It is an attribute to God himself”. “Barmherzigkeit, die weiß von keinem Zwang. Sie ist ein Attribut der Gottheit  selbst.“

Und weiter weiß Shakespeare von der Barmherzigkeit: Sie segnet den, der gibt, und den, der nimmt. Barmherzigkeit berechnet nicht. Sie gibt bedingungslos. Verschenkt und beschenkt nicht nur den Empfänger, sondern auch den, der gibt.

Auf andere zuzugehen, ihnen etwas zu schenken, sich für sie einzusetzen, befreit. Etwas, das ich vielleicht für mich eingeplant hatte (Zeit, Geld, Kraft), anderen zur Verfügung zu stellen, sprengt meine Pläne, meine Sicherheiten, meine Kalkulationen. Ich lasse mein Herz sprechen: Ich gebe es dir, gratis, ohne Bedingung, einfach so. Mein  Herz wird weiter und ich selbst auch.

Meine Ich-Sucht, meine Angst, meine Härte, meine Herzlosigkeit werden aufgesprengt. Andererseits: wer Barmherzigkeit empfängt weiß sich geschätzt, wertvoll und geliebt. Wie oft plagen uns die Selbstzweifel? Wie oft stoßen wir uns an unseren Grenzen?  Wie oft erleben wir unsere Unfähigkeiten? Dann sind wir angewiesen auf Barmherzigkeiten, die uns berühren, und alles Angstmachende und Verhärtete in uns lösen.

Dann benötigen wir Menschen wie Elisabeth.

(c) Wilfried Schumacher

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